Im Jahr 2016 feierte das Automobil seinen 130. Geburtstag, basierend auf der Annahme, dass Carl Benz der Erfinder ist. Denn 1886, vor 130 Jahren, reichte er seinen Patentantrag ein. Doch motorisierte Fahrzeuge gab es bereits vorher.
Schon 1478 skizzierte Leonardo da Vinci ein selbstfahrendes Fahrzeug. Im 15. Jahrhundert fehlten jedoch die technischen Möglichkeiten für den Bau. Anders war das 1769: In diesem Jahr präsentierte der Franzose Nicolas Cugnot in Paris den Prototyp eines Dampfwagens, genannt „Fardier“. Dieses Fahrzeug war für den Transport von Waffen und anderem Militärgerät vorgesehen. Der Dampfantrieb verbreitete sich daraufhin schnell in Frankreich und England. Bereits in den 1820er-Jahren gab es in England etwa 100 selbstfahrende Dampfkutschen.
Im viktorianischen Zeitalter konnten wohlhabende Passagiere mit dampfbetriebenen Bussen durch London fahren. Viele Menschen standen den rauchenden Stahlkolossen jedoch skeptisch gegenüber, und ein Großteil der Fahrgäste bevorzugte weiterhin Pferdekutschen.
Kurze Ära der Dampffahrzeuge
Die neue Fortbewegungsart weckte Ängste und Sicherheitsbedenken. Tödliche Unfälle, insbesondere mit Kindern, häuften sich. Der britische Highway Act erwähnte deshalb bereits 1835 explizit dampfbetriebene Straßenfahrzeuge. Wenige Jahre später wurde für Fahrzeuge, die nicht von Tieren oder Muskelkraft angetrieben wurden, eine Höchstgeschwindigkeit von 3,2 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften und 6,4 km/h außerorts festgelegt. Zudem musste vor jedem Fahrzeug ein Mann mit einer roten Flagge laufen, was der Verordnung den Namen „Red Flag Act“ einbrachte.
Die Ära der Dampffahrzeuge war kurz: Anfang des 20. Jahrhunderts interessierte sich kaum noch jemand für sie. Der Brennstoffverbrauch war im Vergleich zur geringen Leistung zu hoch, und wegen der langen Aufheizzeit war der Dampfwagen im Alltag kaum praktikabel. Heute erinnert nur noch wenig an diese Epoche, darunter das aus dem Französischen stammende Wort „Chauffeur“, das ursprünglich „Heizer“ bedeutet.
Aufkommen der Elektrofahrzeuge
Als Alternative zum dampfbetriebenen Antrieb arbeiteten Ingenieure an elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten Robert Anderson und Thomas Davenport unabhängig voneinander erste Elektrokutschen. 1881 – fünf Jahre vor Benz – stellte Gustave Trouvé ein elektrisch betriebenes Dreirad der Öffentlichkeit vor. Auch Ferdinand Porsche arbeitete als junger Ingenieur an Elektrofahrzeugen. Im Auftrag des österreichischen Wagenbauers Lohner entwickelte er 1900 den „Lohner-Porsche“, der eine Geschwindigkeit von 35 km/h bei einer Reichweite von 50 Kilometern erreichte. Die Wiener Feuerwehr bestellte 40 Fahrzeuge dieses Typs, und in Berlin war das Elektroauto fester Bestandteil der Taxi-Flotte.
Wie beim Dampfwagen überwogen schließlich die Nachteile des Elektroantriebs. Obwohl sauber und leise, mussten die Batterien lange aufgeladen werden. Da sich die Reichweite nur minimal steigern ließ, waren Elektroantriebe für lange Reisen ungeeignet, und die Weiterentwicklung der Fahrzeuge wurde eingestellt.
Carl Benz und der Benz Patent-Motorwagen
Für Alain Cerf, Eigentümer des Automuseums Tampa Bay in Florida, ist Cugnots Dampfwagen das erste Automobil der Welt. Ein Nachbau des „Fardier“ in Cerfs Museum trägt entsprechend diesen Titel. Cerf beruft sich auf die Wortherkunft: „Automobil“ ist eine Kombination aus dem griechischen Wort „autos“ und dem lateinischen Begriff „mobilis“ und bedeutet „selbstbeweglich“. Diese Eigenschaft erfülle der „Fardier“.
Dennoch wird Carl Benz oft als Erfinder des modernen Automobils angesehen. Sein Benz Patent-Motorwagen von 1885 gilt als erstes praxistaugliches Automobil mit Verbrennungsmotor. Am 29. Januar 1886 erhielt er das Patent dafür. Zwei Jahre später unternahm seine Frau Bertha Benz die erste Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim, um die Alltagstauglichkeit des Fahrzeugs zu demonstrieren. Diese Fahrt trug maßgeblich zur Akzeptanz des Automobils bei.
Obwohl es also bereits vor Benz motorisierte Fahrzeuge gab, wird sein Patent-Motorwagen oft als das erste moderne Automobil betrachtet, da es die Grundlage für die heutige Automobilindustrie legte.
