Elektrische Neuauflage eines Kultrollers: Die schnelle E-Schwalbe im Test

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Wer in der DDR aufgewachsen ist, kennt sie wahrscheinlich: die Schwalbe. Der kultige Motorroller aus dem Hause Simson in Suhl war einst das Sinnbild für jugendliche Freiheit und Mobilität im Osten Deutschlands – genauso wie die Vespa im Westen. Mit seinem unverwechselbaren Design und dem typischen Zweitakt-Sound prägte der Roller ganze Generationen. Nun erlebt das ikonische Gefährt ein elektrisches Comeback – allerdings mit einigen modernen Anpassungen und einem deutlichen Preisaufschlag.

Das Münchner Unternehmen Govecs hat sich seit drei Jahren der Herausforderung angenommen, die Schwalbe ins Elektrozeitalter zu bringen. Die erste Version war auf 45 km/h begrenzt, doch mittlerweile gibt es auch eine leistungsstärkere Variante mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Damit bewegt sich die E-Schwalbe nicht nur im Stadtverkehr zügig, sondern eignet sich auch für Fahrten auf der Landstraße – vorausgesetzt, man verfügt über einen Führerschein der Klasse A1 oder die Zusatzkennzahl B196 zur Klasse B.

Ein billiges Vergnügen ist die moderne Interpretation der Schwalbe allerdings nicht: Rund 7400 Euro kostet das Modell mit mehr Power. Dafür bekommt man aber nicht nur Retro-Charme, sondern auch aktuelle Technik. Herzstück ist ein Elektromotor von Bosch, der in beiden Varianten verbaut ist, aber durch softwareseitige Anpassungen in der schnellen Version deutlich mehr Leistung bringt. Im sogenannten „Boost“-Modus beschleunigt die E-Schwalbe dynamisch – eine überraschende Stärke, die besonders beim Überholen von Lkw auf der Landstraße zum Tragen kommt.

Die Reichweite hängt stark vom gewählten Fahrmodus ab. Im Energiesparmodus „Go“ sind laut Hersteller bis zu 90 Kilometer möglich. In der Praxis – vor allem bei leicht hügeligem Umland und flotter Fahrweise – waren es jedoch eher 70 Kilometer. Govecs selbst beschreibt die Schwalbe als „Stadtvogel“, der nicht für lange Strecken mit hoher Geschwindigkeit ausgelegt sei. Für den Alltag in der Stadt reicht das aber allemal.

Wer längere Fahrzeiten anstrebt, sollte auf den Boost-Modus weitgehend verzichten und stattdessen im „Cruise“-Modus fahren. Dieser bietet ein gutes Gleichgewicht zwischen Reichweite, Geschwindigkeit und Fahrspaß. Die E-Schwalbe fühlt sich in diesem Modus fast wie das Original an – abgesehen vom fehlenden Knattern und Benzingeruch.

Optisch bleibt Govecs dem historischen Vorbild weitgehend treu. Zwar ist die Karosserie jetzt aus Kunststoff statt aus Blech, was bei einigen Nostalgikern für Stirnrunzeln sorgt, doch viele Details wurden liebevoll übernommen. Dazu gehören die typische Linienführung, der klassische Schriftzug und die auffälligen Blinker an den Lenkerenden. Die Bremsanlage ist auf modernem Niveau, ein ABS-System kann gegen Aufpreis integriert werden.

Einen praktischen Nachteil hat die neue Schwalbe jedoch: Stauraum ist so gut wie keiner vorhanden. Wer Gepäck transportieren möchte, muss kreativ werden – etwa mit einem Topcase oder einem Rucksack.

Trotzdem ist die elektrische Schwalbe mehr als nur ein stylisches Spielzeug für Retro-Fans. Sie bietet ein durchdachtes Konzept, solide Technik und echten Fahrspaß. Besonders in der Stadt kann sie ihre Stärken voll ausspielen. Für Nostalgiker mit einem Faible für Elektromobilität ist sie eine gelungene Hommage an die Vergangenheit – mit einem klaren Blick in die Zukunft.